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Die Zeit des Völkerbundes an der Saar 1920 bis 1935

Wahlergebnis vom 19.01.1919

Artikel 45

Als Ersatz für die Zerstörung der Kohlengruben in Nordfrankreich und als Anzahlung auf die von Deutschland geschuldete völlige Wiedergutmachung der Kriegsschäden tritt Deutschland das völlig schulden- und lastenfreie Eigentum an den Kohlengruben im Saarbecken, wie es im Artikel 48 abgegrenzt ist, mit dem ausschließlichen Ausbeutungsrecht an Frankreich ab.

Artikel 49

Deutschland verzichtet zugunsten des Völkerbundes, der insoweit als Treuhänder gilt, auf die Regierung des oben bezeichneten Gebietes.
Nach Ablauf einer Frist von fünfzehn Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages wird die Bevölkerung dieses Gebietes zu einer Äußerung darüber berufen, unter welche Souveränität sie zu treten wünscht.

Quelle: Vertrag von Versailles vom 28. Juni 1919 Teil III: Politische Bestimmungen über Europa Abschnitt IV: Saarbecken

Den zweiten ldentitätsschub erfuhr das Saarland als Folge des Versailler Vertrages. Das Land an der Saar wurde erstmals zu einem geschlossenen politischen Territorium zusammengefasst. Das Statut über das Industrierevier an der Saar trat am 10. Januar 1920 in Kraft. Das in diesem Statut künstlich geschaffene Gebilde wurde für die Dauer von 15 Jahren einer vom Völkerbund eingesetzten Regierungskommission unterstellt. Die Kommission setzte sich aus fünf vom Völkerbundsrat für die Dauer von einem Jahr ernannten Mitgliedern zusammen. Ihr gehörten an: ,,Ein Franzose, ein Nichtfranzose, der aus dem Saargebiet stammt, und drei Mitglieder, die drei anderen Ländern als Frankreich und Deutschland angehören.“ Eine politische Mitwirkung der saarländischen Bevölkerung war in dem Vertrag nicht vorgesehen. Die Befugnisse dieser Regierungskommission umfassten die Exekutive (vollziehende Gewalt) und die Legislative (gesetzgebende Gewalt). Nach Ablauf dieser Zeit sollte die Bevölkerung des ,,Saargebiets“ in einer freien Abstimmung zwischen dem so hergestellten ,,Status Quo“, der Vereinigung mit Frankreich oder der Rückgliederung an Deutschland abstimmen.

Die Kohlegruben gingen mit dem Versailler Vertrag in französischen Besitz über. Am 1. Juni 1923 wurde der Franc alleiniges Zahlungsmittel im Saargebiet. Die saarländische Industrie befand sich zu diesem Zeitpunkt zu 60 Prozent in der Hand französischer Aktionäre.

Frankreich versuchte während der gesamten Völkerbundszeit seinen Einfluss in allen Bereichen im Saarland zu stärken. Während dies in wirtschaftlicher Hinsicht erfolgreich war, scheiterten die Versuche im kulturellen und religiös-kirchlichen Bereich sowie in der Schulpolitik. Vielmehr wurde sowohl im Saarland als auch in Deutschland die nationalistische Propaganda zunehmend stärker. Eines der markantesten Mottos lautete ,,Deutsch die Saar, immerdar!“.

Am 19. Januar 1919 erfolgten die Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung. Erstmals kristallisierten sich bei diesen Wahlen die beiden großen Parteien heraus, die für die nächsten Jahre die verschiedenen politischen Lager im Saargebiet repräsentieren sollten. Deutlicher Gewinner der Wahl war das Zentrum mit 46,8% der Stimmen. Ihm folgte die SPD mit 36,5% der Stimmen und die liberale DDP erhielt 13,7%. Der Aufstieg der Sozialdemokratie ist ein weiterer Hinweis für einen grundlegenden Wandel des Parteiensystems nach dem ersten Weltkrieg. Der massive Einfluss der Industrie und die patriarchalischen Strukturen des Kaiserreichs wurden langsam zurückgedrängt.

Erst 1922 wurde auf Drängen der Bevölkerung des Saargebietes beim Völkerbund mit der Wahl eines Landesrates eine saarländische Volksvertretung geschaffen. Auch hier wurde die herausragende Stellung des Zentrums im Saargebiet wieder deutlich. Der Landesrat ging zwar aus allgemeinen, freien, gleichen, direkten und geheimen Wahlen hervor, verfügte jedoch nur über eingeschränkte Rechte gegenüber der Regierungskommission.

  • Der Präsident wurde von der Regierungskommission ernannt

  • Initiativanträge konnten nicht gestellt werden

  • Der Haushaltsplan wurde lediglich zur Kenntnisnahme vorgelegt

  • Änderungen an Regierungsvorlagen konnten nicht vorgenommen werden

  • Der Rat hatte keinen Einfluss auf die Bildung und die Arbeit der Kommission, eine wirksame Kontrollfunktion gegenüber der Exekutive war somit nicht möglich

  • Die Mitglieder des Rates besaßen keine parlamentarische Immunität

Erster Präsident des Landesrates war Bartholomäus Kossmann, der ehemalige Reichstagsabgeordnete des Zentrums. 1924 wurde Koßmann in die Regierungskommission berufen. An seine Stelle trat Peter Scheuer vom Zentrum.

Die Politik des Zentrums war auf die Aufrechterhaltung des Deutschtums, den sozialen Ausgleich und die Verwirklichung christlicher Grundsätze ausgerichtet. Ihre überragende Stellung auch in Teilen der Arbeiterschaft spiegelt den katholischen Charakter des Landes wider. Demgegenüber vertrat die Sozialdemokratie als reine Arbeiterpartei eine Politik der Völkerverständigung und Aussöhnung mit Frankreich, maß dem nationalen Gedanken jedoch ebenfalls eine dominierende Bedeutung zu, ohne ihn jedoch nationalistisch übersteigert zu vertreten. Gegenüber der KP, die eine aggressive nationalistische Politik propagierte, verlor die SPD zunehmend an Boden und wurde 1932 von der KP vom Platz der zweitstärksten Partei verdrängt.

Die NSDAP, die seit Anfang der 20er Jahre im Saargebiet existierte, spielte zu Beginn kaum eine politische Rolle. Sie kandidierte erstmals 1932 und erhielt 6,7% der Stimmen.​

Stage 2